Auftragsarbeiten, Quilt und Patchwork

Babysachendecke

Eine besondere Auftragsarbeit

Im Januar habe ich einen ganz besonders schönen Arbeitsauftrag bekommen: Ich sollte aus abgelegter Babykleidung eine Patchworkdecke zur Erinnerung nähen. Da konnte ich nicht nur nicht nein sagen, da musste ich direkt zugreifen! Was für eine tolle Idee und ein schönes Projekt.

Meine Kundin wollte eine große Decke, ca. 135 x 180 cm sollte sie groß werden. Aus einfachen Quadraten sollte sie zusammengesetzt sein und möglichst viele Motive, Knopf- und Reißverschlussleisten der Kleidung enthalten.

Natürlich hatte ich nicht mehr parat, wie groß denn eigentlich ein Babybody in Größe 56 oder gar 50 ist. Also habe ich erstmal in Schnittmusterheften gestöbert und ausgemessen, wie groß maximal so ein Quadrat sein konnte. Praktischerweise hatte ich ein Lineal, das genau der Größe entsprach, so dass ich das zum Zuschneiden einfach auflegen und drumherum schneiden konnte – eine große Arbeitserleichterung und Verschneiden war nicht möglich. Ein Quadrat würde so ca. 15 x 15 cm groß sein (warum ca? Weil das Lineal eine Inch-Skala hat) und wir würden 150 Quadrate insgesamt benötigen.

Also hat meine Kundin die Kleidung geschickt. Sie war super organisiert und hat alles nach Farben vorsortiert und sogar schon einen Farb- und Layoutentwurf mitgeschickt.

Damit und mit der erforderlichen Anzahl an Quadraten habe ich dann ein bisschen gespielt und sie hat sich für diesen Entwurf entschieden:

Ein am Computer erstelltes Schema einer Patchworkdecke zeigt 150 Quadrate und einen einfachen Rand um die Decke. Die Quadrate sind abwechselnd neutral und bunt. Die bunten Quadrate bilden dabei schräg laufende Reihen, von oben nach unten in folgenden Farben: braun, schwarz, blau, rosa, gelb, rot, blau, türkis, grün, rosa, braun, schwarz. So wird festgelegt, welche Kleidungsfarbe wo in der Decke auftauchen soll.

Eine Änderung hat sich noch ergeben, als ich angefangen habe, die Stoffe zuzuschneiden: Blau und Grün haben nicht zusammengepasst, darum haben wir die grüne Reihe mit der rosa Reihe getauscht. So passte alles besser zusammen.

Das Gefühl, diese Babysachen zu zerschneiden war merkwürdig. Fast hatte ich das Gefühl, dass ich den Babys damit wehtue. Was natürlich völliger Blödsinn ist. Aber trotzdem musste ich das erstmal überwinden, ehe ich richtig zügig voran arbeiten konnte.

Die erste Farbe, die ich zugeschnitten habe: Neutral. Hier brauchte ich 75 Quadrate und es war am wahrscheinlichsten, dass ich mit den vorhandenen Kleidungsstücken nicht auskommen würde. (Tatsächlich, ich habe nur etwa 60 Quadrate rausbekommen). Dann habe ich nach und nach alle weiteren Farben ausgeschnitten. Auch von anderen Farben habe ich noch mehr Kleidung benötigt. Einige der Sachen, die ganz kleinen Bodys, waren außerdem zu klein für die Schablone. Was tun? Nach einiger Überlegung habe ich mich entschieden, diese Teile, 4 oder 5 an der Zahl, auf einen neutralen Stoff zu montieren. Also noch weitere zusätzliche neutrale Teile wurden benötigt. Ich habe noch ein weiteres Paket von meiner Kundin bekommen, damit ich genügend Quadrate in allen Farben zuschneiden konnte. Nach dem Zuschnitt habe ich alle Knopfleisten zugenäht, die Reißverschlüsse verschlossen und die zu kleinen Teile auf die Rückseiten montiert. Hier und da gab es ein Schleifchen anzunähen oder eine Tasche zu applizieren.

Der nächste Schritt war, alles so auszulegen, dass es unserem Farbschema entspricht, gut zusammenwirkt und keine merkwürdigen dunklen oder hellen Blöcke entstehen. Dazu sollten noch einige Quadrate mehr im Fokus, also der Deckenmitte, stehen als andere. Beim Auslegen ergab sich auch, dass in der Farbe braun die beiden Farbtöne überhaupt nicht zusammenpassten, so dass ich da zwei Reihen gleicher Stoffe bilden musste. Da diese Reihen aber zum Glück sehr kurz sind, ist das nicht so tragisch. Dank geht an meinen Sohn, der darauf bestanden hat, es zumindest auszuprobieren! (Und es sah so viel besser aus!)

Jetzt hatte ich also mein großes, von der Kundin abgenommenes Puzzle im Wohnzimmer auf dem Fußboden liegen. Wie geht es weiter? Ich habe einige Bilder gemacht, um genau sehen zu können, an welcher Stelle der Decke welches Quadrat liegt. Als nächstes wurden die Quadrate von rechts nach links und unten nach oben Reihenweise gestapelt, so dass das Quadrat ganz unten links zuunterst im ersten Päckchen mit Quadraten lag, und Reihenweise beschriftet. Alles habe ich in Kästchen gepackt, damit auch dann nichts durcheinanderkommt, falls irgendwas fallen lasse (wofür ich ja durchaus bekannt bin).

Weiter ging es damit, die einzelnen Reihen Quadrat für Quadrat zusammenzunähen. Das Ganze auf meiner bewährten und am besten bekannten Brother VQ2. Alle Reihen wurden wieder beschriftet, damit ich nichts vertauschen kann. Anschließend habe ich die Reihen von oben nach unten immer in Fünferblöcken zusammengesetzt, damit ich nicht so ein riesiges Stoffstück unter der Maschine durchwuppen muss (das kommt ja beim Quilten schnell genug!). Am Ende hatte ich 3 Streifen aus 5 Reihen, die ich dann wiederum zum kompletten Top zusammengenäht habe. Whew. Fertig.

Ach nee. Noch lange nicht fertig.

Zwischendurch hatte ich für die Rückseite der Decke Minky Fleece bestellt in der Farbe und Qualität, die meine Kundin sich gewünscht hat. Durch eine glückliche Fügung lag der Stoff 150 cm breit, das Top war aber nur 140 cm breit – ich musste also für die Rückseite nichts zusammensetzen. Anders bei der Vlieseline. Da habe ich auch eine Weile gegrübelt, welche Qualität ich denn verwenden möchte. Letztendlich habe ich mich für eine einfache Lage H630 entschieden, die ich nicht eingebügelt habe.

Warum diese Vlieseline? Die Babykleidung kam in sehr unterschiedlichen Materialien, teilweise sehr dünn gewaschen, teilweise war es gewebter Stoff, dicker Teddy, Strick oder sogar Softshell. Dadurch hatte das Top ein gewisses Gewicht, das Unterstützung brauchte, die Materialien waren aber zu unterschiedlich, um bebügelt zu werden. Dickeres Volumenvlies hätte mir vor allem für die dünneren Stoffe zu viel Gewicht zugefügt und hätte zu dicht gequiltet werden müssen. Das Minky Fleece auf der Rückseite ist aus Polyester, auch da hätte ich die Vlieseline nicht draufbügeln mögen, das wäre mir zu haarig gewesen. H630 hat genau die richtige Dicke und Festigkeit für diese spezielle Decke.

Jetzt liegt H630 allerdings 90 cm breit. Die Decke wird am Ende 145 cm breit… ja, das ist ein kleines Problem. Das sich aber ganz leicht beheben lässt. Das Vlies kann auf Stoß von Hand oder per Maschine aneinandergenäht werden. Theoretisch legt man die beiden Bahnen einfach gerade aneinander und näht los. Praktisch bekommt die Decke dann an der Stoßnaht schnell einen unschönen Knick. Also bin ich anders vorgegangen:

Lege eine Bahn in der notwendigen Länge (Top-Länge plus ca. 20 cm) aus. Lege die zweite Bahn überlappend so darüber, dass beide Bahnen zusammen etwa 20 cm breiter als die fertige Decke liegen. Stecke die Bahnen zusammen. Dann nimm einen Bleistift, Kreiderad, beliebiges Zeichenmittel oder, wenn Du sehr mutig bist, die Schere und zeichne (oder schneide) über die gesamte überlappte Breite und die gesamte Länge der Bahnen eine große Wellenlinie ein. An dieser Linie schneidest Du die beiden Lagen aus. Jetzt legst Du die Lagen auf Stoß (der ja perfekt passt, weil Du in einem Zug gezeichnet und geschnitten hast) und nähst sie mit Hexenstich oder Leiterstich aneinander. Wenn Du magst, kannst Du auch noch mit breitem Zickzack der Nähmaschine nachnähen. Voilà: Die Bahnen sind verbunden und durch die Wellenform entsteht kein Knick und kein störender Übergang. Bei noch breiteren Tops kann man das durchaus auch mit einer dritten Bahn Vlieseline machen.

Um alle Lagen jetzt zusammenzusetzen, habe ich als erstes den Rückseitenstoff auf dem Boden ausgebreitet (ja, habe vorher geputzt). Falls der Stoff eher leicht ist, kannst Du ihn mit Kreppband festkleben, so dass er faltenlos liegt. Darauf kommt das Volumenvlies. Ich habe es mit der Bügelseite nach unten gelegt, damit die Klebepunkte durch das teilweise dünne Top nicht fühlbar sind. Nun wird das Top mittig glatt obendrauf gelegt, rechte Seite nach oben. Ich habe mich entschieden, mit Stecknadeln zu heften (ja, das habe ich bereut. Ja, ich habe am Ende viele Pflaster getragen). Beginnend in der Mitte habe ich die mittlere waagerechte und senkrechte Reihe durch alle Lagen aufeinander gesteckt. Dann von Ecke zu Ecke diagonal. Dann alle restlichen Quadrate. Bei schwierigen Stoffen oder sehr dicken Quadraten habe ich auch zwei oder mehr Nadeln genommen.

Jetzt habe ich erstmal einen Streifen vom Minky Fleece genommen, mit Vlieseline und einen Jerseyrest von mir zusammengesteckt und testweise gequiltet. Ok. Unbedingt mit Obertransportfuß. Die Stretchnadel war gar nichts, nur mit Microtexnadel lief es gut. Und dann die Haare vom Minky Fleece *rauft ihre eigenen Haare*. Also gut. Nach ausführlichem Test ist klar: gegen den Strich geht gar nichts. Die Längsnähte muss ich also in Strichrichtung des Fleeces nähen. Das bedeutet, ich quilte zuerst quer. Und damit sich alles gleichmäßig schiebt, fange ich jeweils in der Mitte an und quilte die Hälfte der Reihe nach außen. Das mache ich für das erste Viertel von der mittleren Reihe ausgehend (ja ja, es ist eine gerade Menge Reihen. Ungefähr die Mitte also). Dann für das zweite Viertel. Dann drehe ich die Decke und mache in zwei Häppchen die zweite Seite der Reihen wieder von der Mitte aus. Leute. Das ging auf die Schultern! Das Fleece wollte alles, nur nicht so genäht werden! Nach jedem Viertel habe ich einen Tag Pause gebraucht. Und dann eine längere am Ende.

Nach zwei Tagen war ich wieder fit und konnte weiternähen. Diesmal die Längsreihen. Erst die mittlere Reihe, von dort aus nach außen eine Reihe nach der anderen, immer in der Richtung, in der sich das Fleece legt. Ich hatte ein bisschen Angst. Ich hatte ziemlich viel Angst, dass sich alles verzieht, wandert, Falten wirft. Und? Es war gar kein Problem. Ein oder zwei Stoffe im Top wollten ein bisschen schieben, das konnte ich schnell einfangen. Ansonsten war diese Quiltrichtung ratzfatz fertig. Ehrlich! 2 Stunden oder so. So viel habe ich für die viel kürzeren Querreihen pro Viertel gebraucht!

Wo ich jetzt so schön im Flow war, kam der Rand dran. Ich wollte ca. 4-5 cm Rand rundum geben. Also habe ich die Vlieseline und das Minky Fleece entsprechend zurückgeschnitten, eingeschlagen und festgesteckt (Schon wieder Stecknadeln. Mehr Pflaster!). Diesen Rand habe ich rundum knappkantig angenäht. Hier auch wieder auf die Richtung des Minky Fleece achten – ich habe in zwei Abschnitten genäht, damit ich in Richtung des Striches nähe. Und dann. Dann! Dann war die Decke fertig! Und ich sage Euch, sie ist wunderbar geworden! Jetzt ist sie schon bei ihren Besitzern. Für mich war das ein sehr besonderes Projekt, es war eine so große Freude! Und das Feedback von der Besitzerin hat es noch lohnenswerter gemacht! Danke, dass ich dieses Projekt nähen durfte!

Falls Du Interesse an einer Decke aus Deiner Babykleidung oder der Kleidung eines geliebten Menschen hast, setze Dich gerne mit mir in Verbindung!

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